Auftakt-Training
in Hockenheim
04. Mai 2009


Himmel und Hölle

Der Winter war besonders lange, da wir alle völligst enthusiasmiert diesem einen Tag entgegen fieberten: Dem ersten Trainingstag mit unserem ADAC-Conti-Cup Racer.

Unsere regelmäßig einberufenen Planungs-, Abstimmungs- und Schraubertreffen sowie die Aussicht auf große Ereignisse der schnellen Art haben uns dennoch recht gut bei Laune gehalten.

Es sollte ein großartiger Event für das VOLLESROHR Racing-Team werden. Das erste Renntraining unter den Team-Farben auf unserer Hausstrecke in Hockenheim.

Angereist waren Teamchef Andi N., unsere schnelle und erfahrene Instruktorin Babett mit Gatte Wolfgang, unsere gute Fee Corinna, Schrauber-Gott Thorsten - und natürlich die Herren Aufzünder Andi, Rick und Tom.

Bei hervorragenden Witterungsbedingungen wurde ein Fahrerlager aufgebaut, das keine Wünsche offen ließ:


Hurrah! v.l.n.r.:

- Der Team-Racer,
- Toms RN01
- Andis RN09

Nicht nur die VRRT-R6, auch die R1en wurden den Winter über technisch und optisch auf Vordermann gebracht.


Hier ein Teil der Fahrer-Ausstattung:

Rick hatte sich mit seiner nagelneuen und zwei Tage zuvor frisch eingetroffenen Kombi erstmal zuhause auf der Couch eine ausgiebige Sitzung gegönnt, um für den ersten Trainingstag optimale Passform und Bewegungsfreiheit herzustellen.


Die letzten Vorbereitungen und ein Satz ordentliche Renn-Schlappen, Metzeler Racetec K2.
Für besten Grip bei den noch nicht so hohen Celsius-Graden im Mai.

Nach dem Training Eins im Jahr 2009, der Saison des singenden 600ccm-Motors, angebrochen und die obligatorische Fahrerbesprechung absolviert war, hatten auch die zuvor aufgezogenen Heizdecken auf der 120/180er-Bestückung der R6 ihren Dienst verrichtet. Die neuen Pneus versprachen damit ausreichend Haftreibung ab der 1. Runde.

Eigentlich sollten an dieser Stelle nun ein paar der weltschönsten Action-Fotos zu sehen sein: Mit redlichen Aufzündern in heldenhaften Schräglagen - während das Publikum ihnen in ekstatischer Verzückung von der Sachs-Tribüne aus zu jubelt. Leider geht der Rest der Geschichte nicht ganz so heroisch weiter.




Tom war auserkoren, die in vielen Stunden und mit noch mehr Liebe präparierte Drehzahlqueen sauber einzureiten. Mit einer Mischung aus Bangen und Hoffen ob der Verantwortung für den Team-Stolz einerseits und einer fetten Ladung Adrenalin im Herzen andererseits ging es zur Startaufstellung. Andi "Zwirbel" W. reihte sich mit seiner über die kalten Tage frisch gelackten R1 in der Boxenausfahrt unter die Teilnehmer ein, ebenso Babett auf einer Kilo-Gixxer. Die Gefühlswelt der im Fahrerlager verbliebenen Teammitglieder war entsprechend geprägt und alle waren gespannt, wie sich die Sexy im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung machen würde.

Die ersten Runden war es nicht ganz einfach sich an die Maschine zu gewöhnen. Gegen eine R1 oder auch eine 996er Duc war die Mensch-Maschine-Verbindung nicht ganz leicht herzustellen, da der Höcker der Renn-Verkleidung doch eine recht hohe Sitzposition ergab. Auch die übrigen Fahreigenschaften des 600er Supersportlers wollten erst einmal erfahren werden. Die Beschleunigung war ab den magischen 10.000 rpm, die so ein Asphaltmäher braucht um richtig vorwärts zu stürmen, vom ersten Meter weg ein Gedicht. Ein eher zufälliger Power-Wheelie aus der Spitzkehre heraus kitzelte nicht nur die niederen Instinkte.

Die Verzögerungsanlage war nach Toms Geschmack einen ordentlichen Ticken zu lasch, da er beim Anbremsen der Spitzkehre einem der Vordermänner auf den Hinterreifen aufgefahren war, was zu viel Rauchentwicklung aber zum Glück zu keinem Sturz der Beteiligten führte. Was bremst der Kumpan auch an einer Position, wo man eigentlich noch einen Gang hoch schaltet.

Der erste Turn war nach zwei weiteren Runden ohne besondere Vorkommnisse absolviert. Eine reflektierte Meinung zu unserem Renneisen zu realisieren war ob der vielfältigen neuen Eindrücke zunächst noch nicht machbar, aber es sollten ja weitere Übungsturns folgen.

Zweiter Turn des Tages. Ricks Turn. Kombi zu, Helm auf, Aufsitzen, Visier zu, Boxengasse und ab ins Gefecht. Runde 1, 2, 3 - regelmäßige zeitliche Abstände - Rick pfeift an der Nordkurve vorbei. Alles prima. Plötzlich läuft die Uhr dann doch schon etwas länger, Rick war nicht zu sehen. Keine Flaggensignale der Streckenposten. Plötzlich: "fffffffWEEEEEEEEEeeeeeeeeeee!" - weiß-oranges Mopped, rote Kombi, # 69 … - Rick kam an der Nordkurve durch. Aufatmen im Fahrerlager. Es hatte sich später rausgestellt, dass Ricks neue Kombi in einer etwas zu optimistischen Größe bestellt war, was zu leichtem Sauerstoffmangel unterm Helm und einer extra Runde zum Luftholen durch die Boxengasse geführt hat. Weiter geht's.

Das nächste Ereignis ließ nicht lange auf sich warten: Der Übungsturn wurde abgebrochen, rote Flaggen überall. Was das mit hoher Sicherheit bedeutete war allen klar: Minimum einer musste abgeflogen sein. Wird schon nicht gerade Rick erwischt haben. Es dauerte nun etwas bis die ersten Fahrer wieder ins große Fahrerlager kamen. Noch war Rick nicht dabei, er würde sicher gleich rein kommen. Wahrscheinlich hat er jemanden getroffen und hält ein Schwätzchen...

Rick kam auch und getroffen hatte er auch einen. Oder besser gesagt: Einer hatte ihn getroffen. Der sog. Schandkarren kam ins Lager gefahren, hinten drauf die R6 und auch Rick kam hinkend mit rein.

Nachdem ein Fahrer Rick überholt hatte war er zu früh wieder vor ihm eingeschert und streifte mit dessen Hinterrad Ricks Vorderreifen. Dass das einen Lenkimpuls gibt ist klar und bei den entsprechenden Geschwindigkeiten und immer noch in Schräglage katapultierte es Rick mit einem ordentlichen Highsider von der Maschine. Das geht für Mensch und Material in der Regel überhaupt nicht gut aus, so auch hier. Ausfall No. 1 an diesem Tag.

Es hilft nichts, die Show musste weiter gehen und auch die Uhr bleibt nicht stehen.

Nächster Turn. Babett, Zwirbel und Tom fahren raus zum nächsten Turn. Um Rick und die R6 kümmert sich das Team im Fahrerlager. Babett sollte vor Tom her fahren, um ihm eine saubere Linie zu vermitteln. Nachdem Toms R1 wieder mal nicht so wollte und nur bis ca. 9.000 rpm drehte, anstelle von 12.000 möglichen, dampfte Babett ordentlich vorweg und entschied, sich nach vorn abzusetzen. Tom war vom geschmeidig einsetzenden Durchzug der R6 in niedrigen Drehzahlen noch verwöhnt. Weiter war er etwas ungehalten, weil die R1 schon mal solche Spuchten hatte und auch nach einer Reparatur immer noch vergleichbare Symptome zeigte. Er wollte die Unzulänglichkeiten wenigstens ansatzweise im unteren Drehzahlbereich kompensieren.

Die Ur-R1 ist eigentlich bekannt für brachialen Leistungseinsatz im 4.000rpm-Bereich und beim Rausbeschleunigen auf die Parabolika passierte es dann auch. Anbremsen, die Rechts eng rein, schnell nach links umlegen, Kerbs anvisieren, Gas auf und: [ . . . L E E R E . . . ]

Plötzlich war der Boden weg. Der Flug dauerte ewiglich und die Maschine blieb nach an die 150 - 200m + brennend liegen. Bei 130 - 140 Sachen hat man dann doch ein gewisses Quantum an kinetischer Energie. Das ist nicht so ganz ohne. Leider war der Mann mit dem Feuerlöscher nicht ganz so schnell.

Am Medical Center des Hockenheimrings wurden Rick und Tom schließlich versorgt und im Fahrerlager begann derweil die erste Schadensaufnahme.

Das Fazit des ersten Renntrainings des VOLLESROHR Racing-Teams kann eher kurz zusammengefasst werden:


Bestandsaufnahme Rick:
- Ein nicht zu unterschätzendes Compartment Syndrom an der Wade war nach gut drei Wochen wieder einsatzfähig!
- Die gute neue Kombi lädiert aber reparabel!


Bestandsaufnahme Tom:
- Bänderdehnung am Fuß!
- Muskelanriss an der Schulter - nach gut drei Wochen wieder halbwegs einsatzfähig!
- Kombi lädiert aber reparabel!
- Handschuhe und Helm: Kernschrott!


Bestandsaufnahme Team-R6:
- Totalschaden!!!
- rd. 1,5 gefahrene Turns bzw. knapp 60 km, dann wollte sie statt eines Motorrads ein Flugzeug sein!
- Zwirbel hatte noch nicht mal Gelegenheit sie auch nur eine Runde auf dem Ring zu bewegen!


Sieht zwar hier noch fast gut aus - allerdings hatte es den Rahmen erwischt. Die Gabel war verzogen, die Gabelstopfen waren beide angeschliffen, die untere Gabelbrücke hatte sich verabschiedet, Stummel nebst Bremspumpe waren abgebrochen, Felge vorne war eingeknickt, das Zündschloss mit der elektronischen Wegfahrsperre war gebrochen, der Tank unter der Tankhaube war zerschellt, Heckrahmen abgebrochen, und, und, und…


Bestandaufnahme an Toms R1:

Bommerland ist abgebrannt!

Tom und Orkan haben das Ur-Tier in einigen Stunden mit frischen Ersatzteilen wieder aufgebaut:


Da strahlt sie wieder!


Ein Wiederaufbau unserer Team-R6 oder eine gleichwertige Ersatzbeschaffung hätte leider unsere Möglichkeiten zu diesem Zeitpunkt überschritten, weshalb wir uns leider dazu entschließen mussten, das Vorhaben VOLLESROHR Racing goes ADAC-Continental Endurance Cup erst einmal auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

Natürlich werden wir aber weiterhin geschmeidig angasen … Einmal Aufzünder - immer Aufzünder!

Wir bedanken uns vielmals bei allen Sponsoren und Unterstützern für euren Einsatz, eure Beteiligung und euer Interesse. Sobald es wieder etwas Neues gibt werden wir euch selbstverständlich informieren. Es grüßt euch herzlichst Euer VOLLESROHR Racing-Team

Life's a Race. Stay Tuned.